Im Zwischenhoch zum Bodensee

Bericht zum Bodensee-Berevet (400km) am 08.05.2010

Wie das ARA Breisgau hinbekommen hat, dass in einer mehrwöchigen Regenphase ausgerechnet am Brevet-Tag ein kurzes Zwischenhoch für gutes Radwetter sorgt ist mir ein echtes Rätsel. Nun wird es für sie auf jeden Fall wirklich schwierig werden das Schönwetter-Image des Brevet Startortes Freiburg wieder loszuwerden. Aber wahrscheinlich wollen sie das auch gar nicht mehr.

Gleich nach dem Start wurde zweien das Warmfahr-Bummeltempo zu langweilig und sie fuhren vorne davon. Da es bei mir auf den letzten zwei Brevets recht gut gelaufen ist, fuhr ich auch nach vorne. Als ich mich umblickte merkte ich, dass sonst keiner mehr nachkam und wir sollten auch bis in Ziel keinen Mitfahrer mehr zu sehen bekommen. Meine zwei Begleiter waren die mir wohlbekannten Randonneur-Titanen Michl R. und Norbert D. die ich schon aus meinen zwei Jahren in Osterdorf kenne. Mit Norbert bin ich meinen ersten 600er zusammen gefahren und habe damals schon viel von seiner Erfahrung lernen können. Leider hatte ich wohl inzwischen vieles des gelernten wieder vergessen, denn ich sollte bei diesem Brevet einige Fehler von damals wiederholen. Beim Langstreckenradeln lernt man scheinbar niemals aus und darf auch manche Lerneinheiten mehrfach durchmachen. Wahrscheinlich geht das so lange, bis man es auch wirklich verstanden hat 😉

Norbert, der am Vorabend im Augustiner uns den Spirzen als „Rollerberg“ ankündigte, musste dort oben bereits auf uns warten, da der Anstieg bei mir einfach nicht richtig rollen wollte und Michl noch durch seine vier Croissants vom Frühstück gebremst war. Als ich oben kurz ausklicken wollten machte Norbert mit dem Satz „Rumstande kennet m’r nachher noch em Ziel“ den Tagesplan klar: effizientes und gleichmäßiges fahren mit minimalen Standzeiten.

Nach einer größeren Schlammpackung auf einer als „gut fahrbar“ angekündigten Baustelle und dem ersten Stempel rollten wir über die Baar in Richtung Hegau vorbei an blühenden Rapsfeldern. In Schaffhausen folgte die erste Stadtdurchfahrt zum Rheinfall. Dort haben wir nur kurz den Stempel abgeholt und sind gleich wieder weiter. Nun folgte die Bundesstrasse nach Konstanz. Der Verkehr war einigermaßen erträglich und die Landschaft war schön. Der häufige Wechsel zwischen Straße und Radweg benötigte aber die volle Konzentration. In Konstanz holten wir schon den dritten Stempel und wollten nur so schnell wie möglich wieder auf verkehrsarme & ruhige Straßen. Über den Bodanrück waren die Straßen aber immer noch voll und es gab auf fast jeder Straße die Frage ob man den Radweg oder die Straße verwendet. Wir hatten die sehr effektive Abmachung, dass der erste immer die freie Entscheidung darüber hatte und die anderen folgten. Wenn man an jeder fraglichen Stelle rumdiskutieren würde käme man ja nicht vorwärts.

Aus Konstanz raus machte ich, wie Norbert mir später das Feedback gab, meinen ersten Fehler. Als ich vorne gefahren bin, bin ich nicht wirklich effizient gefahren sondern hab die Hügel mit zu viel Kraft hochgedrückt. Da mir in der Gruppenführung das nötige Tempogefühl fehlt, hab ich damit nur unnötig meine Körner verpulvert. Ich bewundere da Michl der seine Führungen immer wie mit Tempomat fährt. Ich habe noch keine Ahnung wie man das lernen kann, aber ich arbeite dran 😉

Die Konsequenz auf diesem Fehler sollte ich schon wenig später an den Wellen vor Beuron zu spüren bekommen. Durch den aufkommenden leichten Gegenwind war ich nämlich ruckzuck „leer“ und die anderen mussten erstmals auf mich warten. Ich hatte zwar die ganze Zeit versucht möglichst viel zu essen, aber es war klar, dass nun neue Energie notwendig war. In Beuron halfen mir nach dem Stempel an der Kontrolle ein Glas Cola und ein Riegel aus dem Schlimmsten raus.

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Nach Balingen stadteinwärts war wieder viel Verkehr und die Straßen waren groß und nervig. Wir suchten uns in Balingen einen Supermarkt mit Bäckerei um was Richtiges zu essen und eine kleine Pause zu machen. Auch aus Balingen raus war wieder viel Verkehr der erst bei Sulz am Neckar weniger wurde. Nach dem „Sulzer Berg“ kam der für mich schönste Teil des ganzen Brevets: In der Abendsonne das Glatt-Tal hinauf nach Freudenstadt! Das Essen und die Pause hatten wirklich geholfen und das radeln machte wieder richtig Spaß. In hohem Tempo fuhren wir den langen und flachen Anstieg hinauf nach Freudenstadt wo wir schon um 20:00 Uhr ankamen. Das wir bis hierhin mehr Höhenmeter als beim 300er hatten überraschte mich dann doch. Bis ins Ziel sollte sich die Zahl noch auf 4200-4500 Höhenmeter (je nach Tachomodell) erhöhen.

An der Kontroll-Tankstelle machten wir wieder eine kleine Pause. Und hier machte ich dann meinen zweiten Fehler, den ich eigentlich hätte vermeiden können, da ich diese Einheit schon gelernt hatte. Und zwar darf man auf Langstrecken erst im Ziel mit dem essen aufhören und nicht schon vorher! Ich hatte aber irgendwie keine Lust auf was zu essen und dachte es würde schon so reichen. Was für ein grober Fehler über den ich mich immer noch ärgere. Schließlich waren es ja noch über 90km bis in Ziel mit einem letzten nicht zu unterschätzenden Anstieg.

Aber noch lief es ganz gut und die Nacht erreichte uns nach der Abfahrt dann in Wolfach. Am letzten Berg, dem Landwassereck, fuhr jeder sein Tempo. Dass so langsam meine Körner weniger wurden merkte ich daran, dass ich erstmals den kleinsten Gang brauchte. Aber zum Glück war der Berg, den sogar Norbert nicht als „Rollerberg“ bezeichnete, weniger schlimm als ich es mir vorher vorgestellt hatte.

Nun ging es nur noch bergab nach Freiburg. Also eigentlich völlig einfach und ohne besondere Schwierigkeiten. Aber auf der Abfahrt sackte mein Kreislauf in den Keller und mir wurde richtig schwach. Ich konnte so nicht mal bergab den Windschatten meiner Mitfahrer halten. Nach ein paar Minuten rumgewürge musste ich kurz anhalten und schnell eine Tüte Powerbar-Gel-Gummidrops essen. Danach wurde ich von meinen Mitfahrern „in die Mitte genommen“ und ich konnte dann auch wieder einigermaßen mitrollen. Danke nochmals an meine Mitfahrer fürs warten & schleppen!

Da dieses Mal ein ortskundiger Freiburger in der Gruppe fehlte, mussten wir uns nach Freiburg rein mit Hilfe unserer GPS Geräte den Weg über diverse Radwege und große Straßen suchen.

Um 23:45 Uhr erreichten wir nach 14:30 Fahrzeit den Augustiner. Als es dann beim ersten Bier leicht zu Regnen anfing, wurde mir klar was wir für ein Glück mit dem Wetter hatten. Die nachfolgende Gruppe kam eine Stunde nach uns dann nämlich schon im strömenden Regen an. Den einzelnen Liegeradfahrer aus meinem Heimatort der genau dazwischen ankam will ich dabei aber nicht unterschlagen. Auf die Frage ob er sich zu uns setzen wollte meinte er nur, dass er lieber gleich in sein Hotelzimmer wollte, da er am nächsten Tag nach Hause radeln wollte. Zusammen mit seiner Anreise am Freitag werden das für ihn dann insgesamt deutlich über 800km an diesem Wochenende gewesen sein. Witzig war auch, dass wir zwar im selben Ort wohnen, aber morgends beim Frühstück im Augustiner zum ersten mal miteinander ins Gespräch kamen.

Fazit: Sowohl die Strecke als auch meine Leistung hatte neben Höhepunkten auch ein paar Tiefpunkte. In drei Wochen beim 600er wird dann aber alles gut werden und es wird auf jeden Fall wieder die Sonne scheinen 😀

Ein Kommentar zu “Im Zwischenhoch zum Bodensee

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